Warum der Hype um Kommunikationsguerilla nichts bringt

Was bringt der Hype um Kommunikationsguerilla für die politischen Protestbewegungen hierzulande? Vermutlich nichts. Neben der in linker Bewegung kultivierten Langeweile und Staatsbezogenheit sind dafür jedoch auch immanente Gründe der angeblich neuen Aktionsform ausschlaggebend.

Politische Kunst ist meistens eher gut gemeint als gut gemacht. Mal davon abgesehen, dass man vielen politisch gemeinten Kunstwerken die mangelnde Vertrautheit ihrer Urheber mit gesellschaftstheoretischen Diskursen ansieht, hat das Dilemma politischer Kunst auch strukturelle Gründe.

Kunst im Ghetto
So ist das gesellschaftliche Feld der Kunst in einer stratifizierten ausdifferenzierten Gesellschaft zwangsläufig ein gesellschaftliches Ghetto. Auf dem Feld der Kunst darf prinzipiell alles ausprobiert werden. Der Preis dafür ist die mit der Kunst einhergehende Bedeutungslosigkeit.

Gesellschaftliche Felder
Im Gegensatz zum gesellschaftlichen Feld ist in der Kunst getätigte Handlungen und Appelle normativ nicht mit einem Handlungsaufruf verknüpft. Kunst ist ein gesellschaftlicher Sonderbereich, der gerade durch seine Absonderung von anderen gesellschaftlichen Feldern zwar alles darf, aber bedeutungslos bleibt und lediglich bequem portionierte konsumierbares Erlebnis bietet. U.a. aus diesem Grund erlebt man bei gelungenen Kommunikationsguerilla-Aktionen im Nachgang oft, das die Akteure ihre bisher politisch gemeinte, mit einer Handlungsaufforderung verknüpfte Aktion als „Kunst“ oder „Satire“ umdeutet.

Repression ausweichen
Meistens ist das der Fall, wenn es im Nachhinein repressiven Stress gibt und den Akteuren aus Angst vor der eigenen Courage der Arsch auf Grundeis geht. Beispielhaft hierfür ist z.B. das in dieser Radiosendung enthaltenen Kurzinterview mit Philipp Ruch vom Zentrum für Politische Schönheit 2009 nach einer Verhaftung wegen eines Verstoßes des Versammlungsrechtes. Typisch an dem Statements ist auch die Darstellung, dass so was in Berlin die große Ausnahme sei und die konsequente Ausblendung, dass das auch anderen Leuten passiert. Davon, dass man seinen privilegierten Zuggang zu Medien auch nutzen könnte, um auch Aufmerksamkeit auf andere weniger Privilegierte zu lenken, scheint man hier nichts wissen zu wollen.

Bezahlter Nischenbereich
Und so verkommt politische Kunst regelmäßig zu einem mehr oder weniger gut bezahlten Nischenbereich für ehemals kritische Geister. Das damit ein Zwang zur Kommerzialisierung und Vermarktung einsetzt, der mit krasser Personalisierung einhergeht, lässt sich u.a. am beim Gorki-Theater beheimaten Zentrum für politischen Schönheit sehen.

Das eine derartige selbstgewählte Individualisierung mit einer auf kollektiver Mobilisierung beruhenden sich als wie-auch-immer-links verstehenden Bewegung auf Dauer beißen dürfte, liegt auf der Hand. Wer trotzdem mit der Mischpoke aus von öffentlichen Geldern abhängigen Kunst-KarrieristInnen, angepassten Spendenjagd-NGOs und das Erbe der Bewegungen und Akteure auf der Straße ausbeutenden ach-so-kritischen WissenschaftlerInnen mag, dem bietet der Hype jede Menge Gelegnheit für unterhaltsamen Konsum.

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